Wer selbstverantwortlich lebt,
für den ist es nicht entscheidend,
ob Gott existiert oder nicht.
Er findet seine geistige Führung in sich.
Und indem er seine schöpferischen Kräfte freisetzt
und den Mut zur Gestaltung seines Lebens hat,
meistert er sein Schicksal
und macht sich unabhängig von der Gottesfrage.
Überhaupt macht diese Frage keinen Sinn,
wenn man nicht sagt, was man unter "Gott" versteht.
Und wird der angestrebte Dialog mit den anderen Weltreligionen nicht zur Farce,
wenn letztlich nur Christen "den wahren Gott" haben
und gar nur die katholische eine "wirkliche Kirche" ist?
Aber Theologen können gar nicht anders,
als im Grunde den Vorgaben ihrer Lehre zu folgen.
Ergebnisse können da nicht überraschen.
Aber was soll das für ein allmächtiger Gott sein,
dessen Existenz Menschen mit vielen Winkelzügen mühsam beweisen müssen,
statt dass er aus eigener Vollkommenheit und Kraft heraus
ALLEN seine Existenz VON SICH AUS erweist?
Was Menschen beweisen wollen,
wird immer menschliche Dimensionen haben.
Aber ein Gott, der Anbetung verdient,
bedarf keiner menschlichen Hilfe:
Er erweist sich denen,
die auf ihr tiefstes Inneres hören.
Es gibt also "etwas Besseres" IN der Welt,
Und wir können es verwirklichen,
indem wir aus unserem ewigen Jetzt heraus leben.
Wer nach großen Wahrheiten sucht,
muss zuerst selbst wahrhaftig und groß sein,
auf dass sich Wahrheit und Größe ihm erschließen,
denn was wir leben und lehren ist ein Spiegel unserer Gesinnung.
Folgen wir vorgegebenen Dogmen,
dann sind wir geistig die Knechte derselben.
Wollen wir immer nur unsere Lieblingsideen beweisen,
statt sie zu hinterfragen,
dann sind wir Opfer unserer selbst.
Sind wir besorgt und ängstlich,
werden wir uns nicht getrauen besseren Einsichten zu folgen.
Lassen wir uns aber mutig von ihnen leiten,
werden sich uns geistige Welten erschließen,
in denen auch das Göttliche seinen ihm gemäßen Platz hat,
"...weil die dumpfe Ahnung in uns lebt,
daß ohne das Göttliche das Leben des Menschen ein Narrenspiel ist."
(Ernst Wiechert 1935 in "Der Dichter und die Zeit", seine mutige Rede in der Uni München)