Meine Kolumne "Philosophische Sentenz des Monats" auf der kommerziellen Website "Geschenke aus den Museen der Welt".
Philosophische Sentenzen von 2007


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Helmut Hille
Philosophische Sentenzen 2007
Anmerkungen zur Erkenntnistheorie
15.01.2007

Die Erkenntnistheorie ist die Schnittstelle zwischen Natur- und Geisteswissenschaften, lehrt sie doch Sein und Schein zu unterscheiden. Der Schein ist das, was menschlicher Geist aus den hereinströmenden Daten zu seinem Verständnis macht. Wollen wir die Natur in ihrem Sosein verstehen, müssen wir uns zu allererst selbst verstehen. Das aber ist eine schwere Aufgabe, fehlt es uns dazu doch an der nötigen Distanz. So schon Laotse: "Andere erkennen ist klug. Sich selbst zu erkennen ist weise." Also nicht so einfach zu erlangen. Wer nun für einfache Gemüter alles so einfach wie scheinbar möglich erklären will, verzichtet auf die Weisheit, die das Salz der Wissenschaft ist.

Noch einmal Laotse: "Der Weise nimmt alles schwer, darum findet er alles leicht." Das ist der Weg wahrer Erkenntnis. Geht man ihn, dann verschwinden am Ende alle die angeblich schweren Probleme, die Probleme eines an den Gegenstand der Forschung unangepassten Denkens und Redens sind, das sich nicht selbst hinterfragt oder in völliger Betriebsblindheit gleich nichts von einer Rolle des Beobachters wissen will.

zum Weiterlesen:
WEGE DES DENKENS - II. Das Verhältnis von Denken und Sein
(II/16) Anmerkungen zur Erkenntnistheorie
http://www.helmut-hille.de/gedanken.html


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Helmut Hille
Philosophische Sentenzen 2007
Authentizität
15.03.2007

Intelligente Wesen haben die Fähigkeit sich zu verstellen. Menschen haben darüber hinaus die Fähigkeit Meinungen zu verbreiten, die nicht ihrer Überzeugung entsprechen, weshalb die Frage, inwiefern Verhalten und Verlautbarungen echt, also authentisch sind, im Leben permanent aktuell ist. Die Welt ist ja ein großer Basar für Waren und Weltanschauungen, und da möchte man schon gern wissen, ob die Anpreisungen stimmen, bevor man etwas kauft bzw. jemand etwas abnimmt. Wie schon in der Wissenschaft haben wir daher auch bei Personen das Problem, zwischen Schein und Sein zu unterscheiden. Wer allerdings selbst oberflächlich ist oder auf den Schein hin lebt und agiert, um den Erwartungen seiner Mitmenschen und deren Moral zu entsprechen, wird die Frage nach Schein und Sein wahrscheinlich gar nicht verstehen und wird gar nicht wissen, warum jemand oder etwas, z.B. ein Kunstwerk, ihn mehr anspricht als jemand oder etwas anderes, z.B. eben wegen dessen Authentizität. Aber auch wenn Lügen mehr oder weniger leicht über die Lippen fließen, bei der anderen Sprache des Menschen, bei seiner Körpersprache, fällt es ihm schon viel schwerer, sich zu verstellen, weshalb es immer gut ist, auf sie zu achten.

Nicht nur in Asien hat man das Problem, „sein Gesicht“ zu wahren. In unserem Kulturkreis ist es das Image, um das es vielen geht, besonders wenn die wirtschaftliche oder politische Existenz davon abhängt. Einstein wirkte so echt, weil er als Autist (Aspergersyndrom) gar nicht anders konnte, so dass seine Schwierigkeit, seine aus dem Bauch heraus kommenden wissenschaftlichen Überzeugungen nachvollziehbar zu begründen, seinem Ansehen kaum Abbruch tat. Das Charismatische von Menschen hat eben oft mit einem mentalen Defekt zu tun, der sie einseitig prägt und der den Normalsterblichen fasziniert, der ja nichts von dem Mangel weiß, der diese Menschen antreibt. Der Weg zur eigenen Authentizität beginnt mit der Ehrlichkeit sich selbst gegenüber und dem Mut, sich Mängel und Fehler einzugestehen, und der Bereitschaft, dagegen anzukämpfen. Es ist oft ein langer Weg.

Zum Weiterlesen:
WEGE DES DENKENS - II. Das Verhältnis von Denken und Sein
(II/17) Das Problem der Authentizität
http://www.helmut-hille.de/authenti.html


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Helmut Hille
Philosophische Sentenzen 2007
Jede Wahrnehmung ist schon ein Urteil
15.04.2007

Über den Gebrauch der Wortes "wahr" in der Wissenschaft

Die Vokabel "wahr" sollten Wissenschaftler besser aus ihrem Sprachschatz streichen. Durch Messungen feststellbar ist nämlich nur, ob und inwieweit eine Vorhersage mit der Erfahrung übereinstimmt, was noch wenig über zukünftige Erfahrungen besagt, auf was Popper hinwies. Mehr ist nicht möglich. Und bei einer Theorie können wir nur feststellen, ob und in welchem Maße und innerhalb welcher Grenzen sie brauchbar ist. Die Vokabel "wahr" dagegen gehört für mich zur rein menschlichen Sphäre und bezeichnet die Übereinstimmung zwischen dem Gewussten und dem Gesagten.

Denn nur auf das Gewusste hin können wir Aussagen machen und Urteile fällen. Geistig können wir nur mit dem Geistigen umgehen. Darum ist auch alle "Wahr-Nehmung" schon ein Urteilen aufgrund des vorhandenen Wissens und der Weltsicht. Ich muss schon wissen, was ein Haus charakterisiert, um etwas als Haus wahrnehmen und darauf bestehen zu können, dass es wahr ist, dass ich ein Haus sehe. Goethe in der Italienischen Reise: "So kann man sagen, dass wir schon bei jedem aufmerksamen Blick in die Welt theoretisieren."

Zum Weiterlesen:
WEGE DES DENKENS - III. Die Hervorbringung des Menschlichen
(III/4) 6. Text: Die Entschlüsselung des Gehirns. Kommentar zum SPIEGEL SPECIAL 4/2003
http://www.helmut-hille.de/anmerkungen.html#6


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Helmut Hille
Philosophische Sentenzen 2007
Die Rolle des Beobachters in allem Wissen
müsste nach meinen Unterlagen am 15.05.2007 gebracht worden sein

Bereits wenn ich im Labor "nur" die Zeigerstellung einer Messapparatur ablese, muss ich deren Bedeutung, wie die Größeneinheit und den Sinn der Messung, im Hinterkopf haben, soll die abgelesene Maßzahl mir etwas besagen. Erst durch die Verbindung mit dem Wissen entsteht das, was man eine Messung nennt. Apparate und Uhren messen nicht, sondern zeigen nur an. Messen tut immer nur ein Beobachter, der das so gewonnene Wissen dann noch in Beziehung zum übrigen Wissen des Fachgebiets bringen muss, wenn aus ihm Folgerungen gezogen werden sollen, was ja der Zweck solcher Messungen ist.

Geistiges ist nicht hintergehbar. Es doch zu können ist die Illusion der Naturwissenschaftler, wie auch gerade wieder Scheibes Buch "Die Philosophie der Physiker" belegt. Sie wollen zwar Wissen schaffen, wissen jedoch nichts von der Rolle ihres Wissens in aller Erfahrung. Blind gegenüber sich selbst, glauben sie z.B. dass Uhren und Apparate messen und damit ein quantitatives Wissen hätten. Da ist dann bis zu Einsteins relativistischer Sicht, dass ein solches "Wissen", z.B. eben über Relationen, zugleich die Grundlage des Verhaltens der Dinge wäre, nicht mehr weit. Doch unbelebte Dinge sind "dumm" und unwissend. Sie verharren deshalb einzig in ihrem Zustand, solange keine vor Ort anwesende physikalische Kraft auf sie einwirkt (Newton 1. Axiom). Mehr ist ihnen nicht möglich. Ihnen ein Wissen zu unterstellen, heißt sie zu vermenschlichen.

keine Empfehlung zum Weiterlesen bekannt


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Helmut Hille
Philosophische Sentenzen 2007
Wenn wir etwas nach der Vernunft entscheiden
15.06.2007

Wenn wir etwas nach der Vernunft entscheiden, dann entscheiden wir nach einer zutiefst im Menschen angelegten Gabe, nämlich der Ratio, mit deren Hilfe unser Hirn nach stimmigen Zusammenhängen sucht. Diese lassen es auch als vernünftig erscheinen, eine vom Individuum unabhängige reale Außenwelt anzunehmen, obwohl sie ihm zwangsläufig transzendent ist. Es ist immer der Beobachter, der seine ihm Verständnis gebenden Eigenschaften, Begriffe und Denkmethoden an die Dinge heranträgt und mit Versuch und Irrtum probiert, wie weit sie für seine Ziele hilfreich sind. Da gibt es keine außer ihm liegende Instanz, die ihm Vorgaben macht. Und auch die Dinge sagen ihm nicht, wer und was sie sind.

Er muss sich schon selbst etwas einfallen lassen, um sie real und geistig in den "Griff" zu bekommen, geistig z.B. eben, neben den Namen von Erscheinungen, auch durch die "Begriffe" die er bildet. Und das Arbeiten am Begriff ist die Hauptaufgabe des Philosophen (Hegel), während der Dichter an der Sprache arbeitet, um sie für Gedanken und Gefühle durch Verdichtung transparenter zu machen. Und der Naturforscher stellt in Form von Experimenten Fragen an die Natur in der Hoffnung, dass sie ihm seine Erwartungen bestätigt oder neue Antworten gibt.

Zum Weiterlesen:
WEGE DES DENKENS - II. Das Verhältnis von Denken und Sein
(II/12a) Die Subjektivität meistern
http://www.helmut-hille.de/subjekt.html


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Helmut Hille
Philosophische Sentenzen 2007
Die Unschärfe des Wissbaren
15.07.2007

Um mit einer Sache gedanklich und real effektiv umgehen zu können, versuchen wir, sie isoliert zu erfassen, ob im Leben oder in der Wissenschaft. Nehmen wir es aber genau, bemerken wir bald, dass es in der Welt nichts völlig Isoliertes gibt, wie uns am besten die Schwerkraft zeigt, weshalb alle isolierten Betrachtungen bestenfalls Näherungen oder Momentaufnahmen sind. Ein Quantenzustand ist auch nur eine Momentaufnahme, denn er zerfällt durch Wechselwirkung mit seiner Umgebung expotentiell in rasender Geschwindigkeit, Dekohärenz genannt. Das ist jedoch nur für jene ein theoretisches Problem, welche die Grundposition unseres Vorgehens nicht bedenken, weil es ihnen in ihrem Männlichkeitswahn, alles wissen und beherrschen zu wollen, schwer fällt, natürliche Grenzen des Wissens zu bemerken oder zu tolerieren.

Auch Menschen, denen es an der Fähigkeit mangelt, sich in ein Gegenüber hineinzuversetzen und es aus sich heraus zu verstehen, geraten in Panik, wenn es keine letzten Gewissheiten gibt, auf die sie sich verlassen können, in der Physik zum Beispiel infolge der nicht aufhebbaren Ungewissheit, in welchem Zustand Quanten vor einer Messung sind, also die nicht hintergehbare Unbestimmtheit in der Quantenphysik, die eine Unschärfe des Wissbaren zur Folge hat, die man glaubt, nicht hinnehmen zu können. So ist manches wissenschaftliche Problem in Wahrheit ein mentales.

Zum Weiterlesen:
ZEIT UND SEIN - Texte in Versform
[4] Welche Wahrheit hätten Sie denn gern?
http://www.helmut-hille-philosophie.de/wahrheit.html


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Helmut Hille
Philosophische Sentenzen 2007
Die Vernunft stellt mehr Fragen, als sie nach ihrer Natur beantworten kann
15.08.2007

Zu sagen: "ab heute bin ich objektiv" mag zwar die Aufmerksamkeit schärfen, aber mehr noch nicht. Mehr bringt da schon die Frage, woher ich denn etwas wissen kann, was das Prädikat "Wissen" verdient. Dazu muss ich mir als Erstes die Situation klar zu machen versuchen, in der ich stehe, ist doch alles Wissen relativ zu den Erkenntnismittel, über die ich verfüge. So ist ausgeschlossen, dass es eine Wahrheit an sich gibt. Zuerst muss ich daher nach den Mitteln meiner Erkenntnis fragen, will ich über Erkenntnisgewinnung philosophieren. Hier bietet die Hirnforschung heute eine große Hilfe an, weshalb für mich die Neurophilosophie die Zukunft der Erkenntnistheorie ist - die Verbindung von Hirnforschung mit philosophischen Fragestellungen, denn auch der reine Hirnforscher muss sein Tun und Urteilen stets kritisch hinterfragen. Seine Erkenntnissituation ist die gleiche wie die aller übrigen Menschen. Auch er muss interpretieren.

Eine große Hilfe ist da die Autismusforschung geworden. Im Script zum Autismusthema in der WDR-Sendereihe Quarks & Co heißt es auf S.17: "Selten haben Wissenschaftler von einer Krankheit soviel über den Menschen gelernt wie bei der Erforschung des Autismus. Gerade für die Hirnforschung ist der Autismus eine Chance, das Denken und Fühlen der Menschen besser zu begreifen..." - wenn man auch dabei immer die Grundsituation des Hirns bedenkt, dass einerseits prinzipiell nichts weiß, andererseits aber über eine Ratio verfügt, die überall nach Bedeutungen sucht und Zusammenhänge herstellen möchte, auch da, wo keine sind, wie uns z.B. der Glaube und der Aberglaube lehrt, die das Vakuum unseres Wissens ausfüllen wollen. Denn die Vernunft stellt mehr Fragen, als sie ihrer Natur nach (selbst) beantworten kann, wie Kant lehrte.

Zum Weiterlesen:
WEGE DES DENKENS - II. Das Verhältnis von Denken und Sein
(II/16) Anmerkungen zur Erkenntnistheorie
http://www.helmut-hille.de/gedanken.html


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Helmut Hille
Philosophische Sentenzen 2007
Gadamer und das hermeneutische Problem (I) - (III)
15.09.2007/15.10.2007/15.11.2007

Auf WEGE DES DENKENS die gleichnamige Datei (II/1a)

ohne Empfehlung zum Weiterlesen


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